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Dirk Reinartz

Bismarck
Dirk Reinartz hat sie fotografiert, die Bismarckdenkmäler, die vor hundert Jahren überall im Deutschen Reich errichtet wurden. Sie haben im Laufe der Zeit so etwas wie Individualität bekommen: Das eine ist von Giften und Gasen zerfressen, das andere fast vom Gebüsch zugewuchert und das dritte mit Parolen der achtziger Jahre besprüht. Entworfen sind die Denkmäler freilich alle nach einem Schema. Christian Graf von Krockow beschreibt es in seinem Essay so: „Das rechte oder das linke Bein vorgestellt, barhäuptig oder häufiger noch mit Pickelhaube, im Soldatenrock oder Mantel ... Immer die Militärbekleidung, immer die Stulpenstiefel und Säbel, immer dieser Staats-Mann in Uniform.“

Die militärischen Beigaben sind kein Zufall: Schließlich hat Bismarck den deutschen Nationalstaat mit „Blut und Eisen“ geschaffen. Und so in Deutschland einen Nationalismus geweckt, der sich an der Vorstellung von Macht und Stärke berauschte, bürgerliche Freiheits- und Menschenrechte aber als Phrasen abtat. Seine ganze Gefährlichkeit aber, so zeigt Krockow in seinem Textbeitrag zum Buch, entfaltete der Nationalismus, den die Denkmäler verkörpern, erst unter Bismarcks Nachfolgern. Denn er selbst hatte trotz allem noch europäisch gedacht, ein Gleichgewicht der Allianzen angestrebt. Seine Nachfolger, die von Weltmacht träumten, nahmen keine Rücksicht mehr darauf. Und setzten so nicht nur Deutschland aufs Spiel.
Pressetext des Steidl Verlag, Göttingen

je Silbergelatine-Abzug, 24 x 16,5 cm (30 x 24 cm)